Montag, 29. Mai 2017

Ghost in the Shell 2017 - Westliches Whitewashing, oder doch mehr dahinter?


Ich habe es bei meinem Eintrag zu Bubblegum Crisis (hier nachzulesen) ja schonmal erwähnt, dass ich früher ein großer Anime und Manga Fan war.

Auch wenn das Interesse mittlerweile nachgelesen hat, so gehören vor allem die Cyberpunk-Klassiker hier immer noch zu meinen Lieblingsfilmen.

Einer dieser Filme ist natürlich "Ghost in the Shell" aus dem Jahre 1995. Diesen habe ich um 1999 herum zum ersten mal gesehen, als ich ihn mir aus der Videothek ausgeliehen hatte (noch auf VHS). Der Handlung konnte ich damals nur bedingt folgen und es bedurfte mehrmaligen Ansehens, ehe ich die große Klasse des Films wirklich begriffen hatte.

Als die Ankündigung einer Hollywood-Realverfilmung mit Scarlett Johansson in der Hauprolle kam, war ich skeptisch.
Einerseits waren Hollywood Adaption von Animes, oder japanischen Videospielen, bisher so eine Sache für sich, andererseits bin ich ein großer Fan von Frau Johansson und war mir sicher, dass sie einen guten Job macht.

Motoko Kusanagi
Im Vorfeld kamen aber eben genau wegen Scarlett Johansson auch Kontroversen bezüglich "Whitewashing" auf, also der Besetzung anderer Ethnien mit weißen Darstellern.
Johanssons Charakter ist nämlich die Cyborg Major Motoko Kusanagi und wie man am Namen schon hört, eine Japanerin.
Mich für meinen Teil hat die Besetzung nicht gestört, da einerseits Anime- und Manga Charaktere auch nicht typisch asiatisch aussehen, andererseits Scarlett Johansson optisch wirklich sehr gut zu ihrem Anime Vorbild passte.
Interessanterweise war das auch der Tenor bei den meisten Japanern und die Kontroverse fand primär in Nordamerika und Europa statt.

Ich störte mich also nicht an der Besetzung, da fand ich eher Tilda Swinton in Dr. Strange eine Fehlbesetzung, da ihr Comic-Pendant ein asiatischer alter Mann war. Nachdem ich Dr. Strange jedoch gesehen habe, war ich nach der tollen Vorstellung von Frau Swinton aber auch mehr als einverstanden mit ihr in der Rolle.

GitS Manga
Aber zurück zu Ghost in the Shell. Im Vorfeld habe ich mir nochmal den Film von 1995, dessen Fortsetzung Innocence aus dem Jahr 2004, als auch die Serie Stand Alone Complex (2002 - 2006) angesehen, um mich entsprechend einzustimmen.
Hier muss man dazu sagen, das Original des Stoffes ist der Manga aus dem Jahre 1989 und schon der Film von 1995 ist lediglich eine Adapation.
Und zwar eine Adaption, die sich zwar in den Grundzügen an der Vorlage orientiert, aber von dieser bereits abweicht. Die Figur von Motoko Kusanagi ist z.B. im Manga wesentlich offenherziger und lockerer als die Darstellung im 1995er Film. Ihre Darstellung in Stand Alone Complex hingegen ist ein Hybrid aus beiden Darstellungen und auch die Darstellung im Anime "Ghost in the Shell - Arise" aus dem Jahr 2013 ist wieder eine eigene.

Und Ghost in the Shell aus dem Jahr 2017 macht da keine Ausnahme.

Den Film auf einen Vergleich mit dem 1995er Anime zu reduzieren, wäre daher vollkommen falsch.
Man muss diesen Film stattdessen als völlig eigenständige Interpretation des selben Stoffes sehen.

Doch kann der Film denn auch überzeugen, wenn man sich davon gelöst hat, hier eine Realfilm Adaption des 95er Films zu sehen?

Ja, kann er! Und wie er kann!
Optisch ist der Film sowieso eine Wucht. Es ist viel zu lange her, seitdem man gute Cyberpunk-Ästhetik bei einem Realfilm gesehen hat.
Scarlett Johansson als Major macht, wie von mir erwartet, eine mehr als gute Figur und auch die anderen Charaktere sind allesamt wirklich gut besetzt, vor allem Batou.

Die Handlung ist wie gesagt wieder eine neue Interpretation des ganzen. So ist hier das Problem mit dem Hacker nicht, dass man eine ausländische Bedrohung dahinter vermutet, da er Staatsbürger eines anderen Staates ist, sondern, dass ein großer Konzern sich durch ihn bedroht fühlt.
So wurde die Handlung geschickt modernisiert (und gleichzeitig hat man einen guten Weg gefunden, niemand damit ans Bein zu pinkeln).

Auch die Figur des Major wurde erneut leicht verändert und der Fokus liegt dieses mal viel stärker auf ihrer Vergangenheit und ohne zuviel spoilern zu wollen hat man auch einen guten Weg gefunden zu erklären, wieso die Figur ein westliches Aussehen hat. Dass ihr Name hier Mira Killian ist, ist btw. nicht die Erklärung ;)

Alle sonstigen Aspekte, die die Vorlage schon ausgzeichnet haben, wie z.B. die essentielle Frage, wie sich Menschlichkeit überhaupt definiert, wurden beibehalten und gut umgesetzt.
Auch wurden einige Szenen des Animes fast 1:1 übernommen. Aber nur fast, denn statt sie einfach zu übernehmen, zitieren diese Szenen den 95er Anime nur und sind eher eine Hommage, denn eine stumpfe Kopie.

Für mich gehört der Film auf jeden Fall in die obere Kategorie meines bisherigen Kinojahres und er hat mich mehr als positiv überrascht!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen